Der nächste Morgen begann mit einer Warteschleife am Telefon. Wir wollten wissen, welche Rechte wir haben bezüglich der gruseligen Wohnung und ob wir Geld zurück bekommen. Leider ist es hier so geregelt, dass es normal ist die erste und letzte Miete im Voraus zu bezahlen. Für uns kam noch eine Kaution dazu, die allerdings im Bundesstaat Ontario illegal ist… Trotzdem hatten wir so vorab bereits 1800€ an der Vermieter bezahlt. Dieser blieb uns gegenüber immer nett, wollte aber nicht so recht unser Geld zurück bezahlen. Und das obwohl wir vor Beginn des eigentlichen Mietvertrags davon zurück treten wollten…

Zum Glück gibt es hier in Ontario eine kostenlose Anwaltshotline, die bei rechtlichen Fragen bis zu 30 Minuten kostenlose Hilfe anbietet. Die wollen aber wohl viele Leute nutzen. Man kann immer 20 Minuten in der Warteschlange bleiben, bevor das Gespräch automatisch beendet wird. Nachdem die ersten 20 Minuten um waren, war ich ziemlich genervt. Aber es half ja nichts, weshalb ich direkt wieder anrief und diesmal mehr Glück hatte. Nach etwa 10 Minuten ging eine Frau dran. Diese hörte sich zunächst mein Problem an und sagte mir dann, dass sie mir nicht helfen könnte, ohne den Mietvertrag zu kennen. Ich müsste den zunächst per Mail schicken und könnte mich dann am nächsten Tag wieder melden. Ich bedankte mich, schickte die Mail und hoffte, dass ich am nächsten Tag dort wieder jemanden erreichen würde, da es für uns dann schon der vorerst letzte Tag in Kanada wäre und wir aus den USA nicht telefonieren könnten…

Für den restlichen Tag hatten wir einen Ausflug geplant. Da das Wetter nicht besonders gut angesagt war und gegen Abend zunehmend Regen kommen sollte, beeilten wir uns nach dem Telefonat nach draußen zu kommen. Unsere Gastgeber hatten uns zwei besondere Punkte genannt, die wir besuchen wollten. Dafür ging es Richtung Süden. Den ersten Stop machten wir in der Nähe von Fairmont an den Hoodoo Formationen. Die Hoodoos sind dabei Felsformationen aus Sandstein, die durch Erosion über die Jahre eine Wellenform bekommen haben. Es gibt dort einen kleinen Parkplatz von dem eine etwa 30 minütige Wanderung auf den Berg führt. Dort steht man nicht nur oben auf den Hoodoos, sondern hat zusätzlich einen tollen Blick über das Tal und den Columbia River, der nur ein Stück weiter oben aus dem Columbia Lake entspringt. Die Wanderung war nicht sehr anstrengend und trotzdem die erste Zeit von schlechter Laune geprägt. Passiert auch mal wenn man im Urlaub ist. Sobald wir aber den ersten Aussichtspunkt erreichten verflog diese und spätestens als wir direkt am Abgrund vor dem Kliff standen, war die schlechte Laune vergessen. Dort oben war es relativ windig, vor sich sah man das weite Tal und über uns kreisten zwei Adler. Ansonsten konnte man nichts hören. Etwas schade war an dieser Stelle, der anhaltende Rauch, der auch hier die Sicht etwas trübte. Trotzdem war es beeindruckend direkt in die Tiefe zu gucken. Wir liefen entlang der Kante bis wir zum Ende des Wanderwegs kamen, der uns dann wieder Richtung Tal führte.

Zurück am Auto fuhren wir weiter zum nächsten Ziel: Lussier Hot Springs. Das wir uns in einem Gebiet mit vielen heißen Quellen befanden, wussten wir. Nun wollten wir auch endlich mal eine näher dran ansehen. Viele der Hotsprings sind sehr bekannt und entsprechend gut besucht. Häufig wird bereits im Internet darauf hingewiesen, dass man entweder früh Morgens oder spät Abends dort hin soll, wenn man halbwegs in Ruhe ins Wasser möchte. Da eine Quelle, welche wir zunächst in Betracht gezogen haben, mit unserem Auto zu schwer zu erreichen war, fragten wir unsere Gastgeber. Wir folgten der Empfehlung „Lussier Hot Springs“ zu besuchen, grade weil sie nicht so bekannt war. Diese Quellen sollte zudem in der Natur liegen und keiner zu bezahlenden Badeanstalt gleichen. Wir wussten schon vorher, dass wir ein Stück über eine Schotterstraße fahren mussten. Am Ende war das Stück dann fast 20km lang und bot neben jede Menge Schotter, einige größere Schlaglöcher und zwischenzeitlich tiefe Abgründe auf einer Seite. Das verlieh dem ganzen noch viel mehr den Charakter eines Erlebnisses. An den heißen Quellen angekommen parkten bereits einige Autos. Wahrscheinlich war unser Vorteil an dieser Stelle das schlechte Wetter. Inzwischen war es nicht mehr nur bewölkt, sondern regnete auch leicht. Wir hatten morgens unsere Badesachen ins Auto gelegt und liefen damit ausgerüstet zu den Quellen. Da der Parkplatz oberhalb des Flusses lag, an dem die heißen Quellen sind, mussten wir noch ca. 300m den Berg hinab laufen. Bereits aus einiger Entfernung sah man Dampf aufsteigen.

Da ich zuvor noch nie in einer heißen Quelle war, wusste ich nicht so ganz, was ich zu erwarten hatte. Der erste Eindruck ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Es roch nach faulen Eiern, oder korrekter: nach Schwefelwasserstoff. Dies hielt uns zum Glück nicht ab. Schnell in die Badesachen gewechselt und die restliche Kleidung wasserfest im Rucksack verpackt ging es zu einem der drei natürlichen Becken. Sobald mein Fuß ins Wasser eintauchte, konnte ich meinem Gefühl kaum glauben. Warm wie eine heiße Badewanne. Ein tolles Gefühl, vor allem bei dem kalt/nass/grauen Wetter um uns herum. Nach einiger Zeit wurde es jedoch tatsächlich zu warm und wir entschieden etwas unterhalb, näher am Fluss, in eines der anderen Becken zu gehen. Blöderweise war das eigentliche Becken voll und das am Rand dann doch deutlich kälter. Da die Leute aber immer wieder wechselten, kamen wir irgendwann in das Becken mit der angenehmen Temperatur. Wir unterhielten uns mit verschiedenen Leuten: Niederländer auf einer Reise, Kanadier auf einem Trip durchs ganze Land und ein Pärchen auf Hochzeitsreise. Ein Deutscher, der den Flitterwochen zuzuordnen war, kontrastierte das wärmende Baden mit einem Besuch im anliegenden Fluss, der direkt neben den Becken lag. Nach etwa einer Stunde hatten wir genug vom Baden und nach einem letzten Aufwärmen im ersten Becken ging es durch den strömenden Regen zurück zum Auto, wo zum Glück Snacks und was zu trinken auf uns warteten.

Da das Wetter an diesem Tag nicht mehr besser werden sollte und wir zudem auch eigentlich genug vom Tag hatten, entschieden wir zurück Richtung Unterkunft zu fahren. Wir mussten ohnehin noch unsere Sachen packen und das Auto aufräumen, bevor es am nächsten Tag zum Flughafen ging. Natürlich aber nicht ohne noch eine Runde im Whirlpool zu baden. Beim fast schon obligatorischen Besuch trafen wir dieses Mal ein Paar aus Seattle, welche früher als Ingenieure arbeiteten. Wir tauschten uns über ihre Erfahrungen und unsere Eindrücke aus den Nationalparks aus. Der Rat, beim Marble Canyon auf dem Weg nach Calgary zu stoppen, würden wir leider nicht mehr nachkommen können. Nach dem Bad ging es für uns dann auch schnell ins Bett. Der Geruch nach faulen Eiern ist allerdings trotz mehreren Wäschen bis heute nicht ganz aus unseren Klamotten verschwunden…